Claudia’s Skitourenwinter: Von Saalbach über Salzburg in die Gaißau
Vor vier Jahren habe ich das Skibergsteigen - damals noch eher Skitouren “gehen” für mich entdeckt. Dabei waren die ersten “Versuche” alles andere als angenehm. Wie immer wenn man eine neue Bewegung ausführt, eine Sportart “lernt”. Ich hatte schweres, anfangs geliehenes Material. Furchtbare Blasen an den Füßen machten sich schon nach wenigen Metern bemerkbar. Und wenige Höhenmeter reichten aus um mich mindestens für den Tag auszuschalten.
Dennoch machte sich nach einer schönen Tour, wenn auch noch so kurz und anstrengend, ein Gefühl der Zufriedenheit breit. Ein herrlicher Gipfel mit super Aussicht ließen die Strapazen zumindest kurz vergessen.
Nach diesen harten Erfahrungen zu Beginn, die einfach dazu gehören, kam dann allmählich eine Gewöhnung und eine gewisse Ökonomisierung der Bewegung und der Spaß daran stellte sich ein. Leider blieben die Blasen, weil ich keinen passenden Schuh für meinen komischen Fuß fand.
Durch meine schmale Ferse hatte ich einfach keinen Halt im Fersenbereich des Schuhs. Mit jedem Schritt rutschte mein Fuß mehrere Zentimeter im Schuh auf und ab. Das Ergebnis waren Blutblasen. Auch enganliegende und diverse Materialien bei Socken machten das nicht besser. Mein erster Tourenskischuh war ein Garmont, der zweite ein Dynafit TLT, ansich schon ein Top-Modell.
Für diese Saison leistete ich mir dann - mit knapp 800g bei meiner Schuhgröße - einen leichteren Schuh - den Dynafit PDG. Damit bekam ich einen viel besseren Fersenhalt bei wirklich wenigen Gramm Gewicht. Dank thermoverformbaren Innenschuh konnte ich diesen auch noch passgenau auf meinen Fuß anpassen lassen.
Nachdem ich erste Skitouren-Rennerfahrung im letzten Jahr sammeln konnte, habe ich mir für dieses Jahr die nächste Herausforderung gesucht - die Königsdisziplin bei der legendären Mountain Attack in Saalbach.
3000 Höhenmeter und 26 Kilometer durch das ganze Glemmtal würden eigentlich schon mehr als reichen. Erschwerend kommen aber noch Steigungen mit bis zu 70 Prozent dazu, die gleich am ersten Berg zu überwinden sind.
“Challenge accepted” machte ich mir mit meinem inneren Schweinehund aus, als ich mich spontan im Oktober anmeldete und zunächst gar keinen Startplatz mehr ergatterte. Denn die über 1000 Startplätze sind in wenigen Stunden ausverkauft.
Erst im zweiten Anlauf gehörte einer der begehrten Startplätze mir.
Nach einer intensiven Bike Saison war ich im Herbst dann mehr zu Fuß am Berg unterwegs. Während die Profis zu dieser Zeit schon jede freie Minute auf Schnee am Gletscher verbringen und schon viele tausend Höhenmeter hinter sich haben, machte ich zumeist meinen “Hausberg” unsicher. Jeder der das Mühlviertel kennt, weiß aber, dass eher von Hügeln als von Bergen die Rede sein kann ;).
Am 5. November war es dann auch bei mir soweit - am Dachstein startete ich in meine Skitouren Saison. Zwischen dem zerklüfteten Gletscher (Klimawandel lässt grüßen) ging es die ersten Höhenmeter hoch. Leider nahm meine erste Skitour ein jähes Ende - gleich beim ersten Schwung kam ich zu Sturz und der Ski brach. Over and out nach knapp 30min. “Ist das Material zu schwach, bist du zu stark” versuchte ich mich nach dem verkorksten Start aufzuheitern. Runter mit der Seilbahn, rein in die Trailrunningschuhe und ab auf die Trails rund um das Dachsteinmassiv. Auch nicht schlecht.
Mitte November kam dann endlich die Kälte und der Schnee auch aus den Kanonen. Und Skitouren gehen daheim, vor der Haustüre im noch geschlossenen Skigebiet Hochficht wurde möglich. 400 Höhenmeter mehrmals rauf und wieder runter. Zwar nicht unbedingt die Rahmenbedingungen für eine perfekte Vorbereitung auf deutlich steileres Gelände und längere Anstiege wie bei der Mountain Attack, aber besser als nichts. Unglaublich wieviele andere begeisterte Skitourengeher es noch schon so früh in der Saison ins Mühlviertel zog. Weil auch in höheren Lagen nicht mehr Schnee war. An dieser Stelle auch einmal ein Danke an die unermüdlichen Snowmaker, die rund um die Uhr de Kanonen am Laufen hielten.
Anfang Dezember verbrachte ich ein paar Tage in Livigno mit Viki und Daniel - nicht zum Biken, obwohl es die Bedingungen zuließen, sondern zum Skitouren gehen. Nach der Transalp war es mein zweiter Aufenthalt in Livigno. Schon im Sommer war ich schwer begeistert von der Gegend und auch einwenig kurzatmig. Und auch im Winter präsentierte sich Livigno von der besten Seite. Auch wenn der Schnee, wie in der Heimat abseits der Piste Mangelware war, konnte ich in vier Tagen knapp 10000 Höhenmeter “fressen”, zusammen mit der Höhe (Livigno liegt auf 1800 Metern Seehöhe, also mehr als ausreichend.
Die restliche Vorweihnachtszeit verbrachte ich abends nach der Arbeit im Dunklen auf den Skiern. Knapp ein Monat vor der Mountain Attack - noch ein Trainingszyklus to go - machten sich erste Bedenken breit: bin ich fit genug? Habe ich genug Höhenmeter gemacht? Reicht mein Kraftniveau aus für den Berg? Worum ich mir keine Sorgen machte, war die Materialfrage. Hier war ich bestens ausgestattet :). Auch einen Rennanzug hatte ich mir zugelegt. Einen von Crazy Idea, einer italienischen Marke, die wirklich crazy Sachen machen. Hose in Jeans Optik, Oberteil mit meinen geliebten Sternen und auch Pink. Ideal :).
Zwischen den Feiertagen hatte ich frei und ich hatte vor noch mal alles im Training herauszuholen. Voller Energie (von den Weihnachts-Völlereien) machte ich mich auf nach Saalbach, um die Strecke im Training abzugehen. Vom letzten Jahr wusste ich um die Steilheit des respekt-einflößenden Schattbergs gleich zu Beginn der Mountain Attack.
Und trotzdem rief der Anblick dieser “Mauer”, die sich vor einem auftut, erst einmal ein Kribbeln in der Magengegend hervor. Ein weißes Schneeband, links und rechts braune Wiese, strahlend blauer Himmel. Los ging’s. Gleich die ersten Schritte zeigten: Es wird glatt werden. Tagsüber Plusgrade, hatte es in der Nacht angezogen. Die Ratrac-Spuren waren hart gefroren. Harscheisen angelegt, ging es in das 70% steile Gelände. Hoffentlich hält mich mein Setup. Es hielt und ich konnte den Schattberg ohne zu große Kraftanstrengung (für die Umstände) und mit gutem Grip bewältigen. Die restlichen Aufstiege waren ebenso eisig. Die Generalprobe war für mich erfolgreich. Danach war Ich beruhigt. Ich wusste, meine Fitness würde für die Glemmtalrunde reichen.
Zwei Tage später aber die Ernüchterung. Die Erkältungswelle hat auch mich erwischt. Auf die Wettkampf-Generalprobe in Gosau musste ich verzichten und mein Training reduzieren. Ich hatte keine Grippe. War aber auch nicht gesund. Erst am Ende meines Urlaubs, eine Woche vor der Mountain Attack fühlte ich mich wieder halbwegs fit. Statt vielen Stunden auf Ski verbrachte ich viele Stunden im Bett. Bitter. So hatte ich mir eine ideale Vorbereitung nicht vorgestellt.
Das beste daraus machen, was sollte ich sonst auch anders machen.
Die Mountain Attack fiel auf den Freitag, den 13. Weil ich nicht abergläubisch bin, sah ich das nicht weiter tragisch.
Mountain Attack 2017
Mein Minimalziel lautete: 4h20min für die 3000 Höhenmeter durch das Glemmtal. Diese Zeit wollte ich schaffen. Pünktlich um 16:00 Uhr fiel der Startschuss. Schon den ersten Berg konnte ich 8 Minuten schneller als im letzten Jahr bezwingen (obwohl die Strecke im letzten Jahr insgesamt um 1000 Höhenmeter kürzer war). Trotz widrigster Bedingungen (Schnee, Wind und Kälte). Der Schattberg kostete aber ordentlich Körner. Ich erwischte eine gute Linie, hatte mit Harscheisen guten Grip. Aber es war zach. Mühsam ein Gel aus meinem Rucksack gefischt und einen Schluck getrunken, ging es in die erste Abfahrt. Gleich beim Weggehen rauf zum 2. Berg fühlte ich mich gut. Ich fand einen guten Rhythmus und entschied mich auch für die frontale, steile, kürzere Variante und nicht für die flache, längere. In Spitzkehren ging es im Gänsemarsch auf der Weltcupstrecke mit Knietiefem Schnee rauf. Leider löste sich mitten im Steilen mein Fell vom Ski (aufgrund der Kälte, hielt der Kleber schon beim Weggehen nicht mehr super). Die letzten gut 150 Höhenmeter (oder waren es mehr? Es war finster. Ich weiß nicht...) schnallte ich mir meine Ski auf den Rucksack und stapfte zu Fuß rauf. Ich war nicht langsamer als die Mitstreiter auf Ski. Aber es kostete Energie. Endlich oben angekommen, brauchte ich erst Mal einige Minuten, um Felle zu wechseln (zum Glück hatte ich ein zweites im Rucksack) und um meinen Flüssigkeitsmangel (durch die schwer erreichbare Trinkflasche im Rucksack) zu beheben. Wenig Sicht, schwierige Pistenverhältnissen und viel Wind begleiteten mich auf der Abfahrt runter zur Hochalm. Kurz vor der Wechselzone ein Schreckmoment: Ich übersah einen “Mugl” (you know what I mean?). Nur mit einer Akrobatik-Einlage konnte ich einen Köpfler verhindern.
Jetzt wusste ich, dass das schlimmste hinter mir lag. Der 3. Berg war zwar lange aber nicht mehr steil. Ich hatte ein gutes Gefühl, kam immer besser in Schwung. Und konnte noch viele Tourengeher überholen. Ich freute mich über das eine oder andere motivierende Wort von denen, die ich überholen konnte. Noch eine Fellabfahrt und die letzten Höhenmeter rauf zur letzten Abfahrt. Geschafft.
Auch in der letzten Abfahrt konnte ich einige Meter gut machen. Meiner Vergangenheit als Skirennläuferin sei Dank.
Nach 4h 14min erreichte ich endlich das Ziel im Herzen Saalbachs. Geschafft. Ein guter 16. Platz in einem starken internationalen Damenfeld. Ich war zufrieden.
Damit verschaffte ich mir auch eine nicht allzu schlechte Ausgangsposition im Hinblick auf die MountainHero Wertung, die die Kombiwertung aus Attack und den World Games of Mountainbiking in Saalbach im September 2017 bildet.
Mal sehen, ob ich dann wirklich im Herbst die 90 Kilometer und weit über 3000 Höhenmeter in Angriff nehme… Denn auch da heißt es wieder, Schattberg und Co. bezwingen.
From Piste to Powder
Am nächsten Tag stand noch eine kleine Powder-Genusstour samt Einkehrschwung mit meinen bayrischen Freunden vom Gesundheitspark und Stieglbauer Racing Team am Plan.
Rennfieber die 2. und 3.
Eine Woche später hieß es dann noch einmal volles Skimo-Programm. Mit zwei Rennen in zwei Tagen. Die MountainAttack hatte ich gut verdaut.
USI-Zinkenrun
Anders als das Wochenende zuvor waren die Rennen kurz und schnell. Am Freitagabend startete ich beim USI Zinkenrun mit 600 Höhenmetern. Das Rennen fühlte sich irgendwie wie ein Heimrennen an, ich sah viele bekannte Gesichter aus meiner Zeit an der Sportuni und Olympiazentrum Rif, unweit des Zinkens. Das Ergebnis war eigentlich Nebensache, vielmehr freute ich mich auf das Wiedersehen und gemütliches Beisammensein im Anschluss. Ich startete im Individual Race (Bewerb mit Aufstieg und Abfahrt) bei überschaubarem Starterfeld und wurde Gesamt-4. Zum Erholen gab’s im ganzen Rennen nix, im Laufschritt wurde weggesprintet, um gleich mal für die nötige Portion Laktat zu sorgen. Mit dem Ergebnis bin ich aber zufrieden. Beim Wechseln war ich schnell, sodass ich noch einen Platz gut machen konnte.
Der Usi-Zinkenrun ist auf jeden Fall ein Start wert. Allein wegen des humanen Startgeldes und der sehr familiären Atmosphäre. Außerdem gab es sooo viele coole Tombolapreise, sodass fast niemand leer ausging. Beide Daumen hoch für Oliver "The Voice" Andorfer und seinem Team!
Die Nacht auf Samstag war dann nicht ganz so entspannend. Wird wohl an der späten Belastung gelegen sein.
Gaissau-Hintersee-Trophy
Am Samstag ging es in die sogenannte Gaissau für die Gaissau-Hintersee-Trophy, heuer die 2. Auflage. Das Skigebiet liegt vor den Toren Salzburgs. Ich meldete mich für die mittlere Distanz mit 1100 Höhenmetern (1,5 Aufstiegen und einer Abfahrt) an.
Es waren überraschend viele Starterinnen auf meiner Strecke gemeldet, mit dem sehnsüchtig erhofften Stockerlplatz, sollte ich wohl wieder warten müssen. Noch bei strahlend blauem Himmel fiel der Startschuss am späten Nachmittag. Gleich vom Start weg war wie am Vortag ein Sprint angesagt. Alleine den Geräuschen nach, war es eher ein Gemetzel. Für manche bedeutete das offensichtlich ein Kampf um Leben und Tod. Immer wieder frage ich mich, was das soll. Wird doch ein Rennen sowieso nie am Start gewonnen… Nach wenigen hundert Metern beruhigte sich das ganze Feld wieder. Mein Puls vermutlich schon nach wenigen Sekunden auf weit über 180, verfolgte ich die weiblichen Starterinnen im gemischten Feld. Wie gestern auch, verspürte ich bald den ‘blutigen’ Geschmack im Mund. Ein Zeichen, dass sich im Körper wohl schon einiges an Laktat angesammelt hatte. Es ging zunächst mal 700 Höhenmeter vom Start rauf auf den Gipfel. Oben kam ich mit 3 Damen gleichzeitig in die Wechselzone. Wie am Vortag, war ich auch an diesem Tag wieder überraschend schnell. Felle eingepackt, losgefahren, Gel ausgepackt, Hocke und runter bis zur Anfellzone. Die beiden Damen waren weit und breit nicht zu sehen, stattdessen, konnte ich auf eine vorne liegende Dame ordentlich Meter gut machen. Wir verließen Schulter an Schulter die Wechselzone. Die letzten 400 Höhenmeter konnte ich aber leider nicht mehr das Hohe Tempo halten und musste schon früh abreißen lassen. Ich hoffte nur, dass mich niemand mehr einholen würde und das tat auch niemand mehr. Es konnten nicht viele vor mir im Ziel sein, aber würde es für ein Stockerl reichen…? Es hieß erst mal in der Hütte warten und gemütlich Kakao schlürfen, ehe feststand, dass ich tatsächlich den 2. Platz erreicht hatte. Freudig aber müde ging es nachhause.
Mit einem Stockerlplatz beendete ich auch meine kurze aber intensive Skitourensaison.
Zwischendurch noch schnell auf Langlaufskier geswitcht, hieß es wieder einen Gang zurück schrauben und weiter an der Form für Sommer arbeiten. Irgendwie auch erleichternd, weil ich jetzt nicht mehr so oft mit Tourenski auf unerlaubtem Terrain unterwegs sein musste.
Und jetzt darf auch mal ein bisserl Spaß dabei sein ;).
PS: Frühjahrs Skitouren sind cool!